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Die Truppenluftabwehr der NVA

Fla-Rohrwaffen der TLA der NVA

| DSchKM | ZPU-2 | ZPU-4 | ZU-23-2 | ZSU-57-2 | ZSU-23-4 | M 39/37 | M 39/85 | S-60 | KS-19 |

 


Überblick
 
Flieger-Abwehr-Kanonen [Flak] gehörten von Anbeginn der NVA zu deren Bewaffnung. Nach Einführung der ersten Fla-Raketenkomplexe, schien es, als würden die Fla-Rohrwaffen keine Bedeutung mehr haben. Aber gerade im Bereich der Abwehr tieffliegender Ziele bewährten sich automatische Fla-Waffen sehr gut. Deshalb besteht die  aktuelle Tendenz in der Kombination von Flak und mit Fla-Raketen (bspw. die Fla-Raketenartillerie-Komplexe "Tunguska" und "Panzir").

Bei den Fla-Rohrwaffen werden unterschieden*:
   
  • Fla MG, das sind automatische Fla-Waffen mit einem Kaliber von veniger als 20 mm, i.d.R. Ableitungen (z.B. DschaK, 14,5 mm Fla MG ZPU-2, ZPU-4)
  • leichte Flak, automatische Fla-Waffen mit einem Kaliber bis zu 35 mm (23mm Flak ZU 23-2)
  • mittlere Flak (automatische oder halbautomatische Waffen bis zu einem Kaliber von 75 mm und (37 mm Flak 61-K, 57 mm Flak S-60)
  • schwere Flak mit Kalibern > 75 mm. Dabei handelte es sich idR um halbautomatische Fla-Geschütze (85 mm Flak KS-12, 100 mm Flak KS-19)

Zur Unterteilung gibt es sehr unterschiedliche Systeme, die sich auch im Verlauf der Zeit änderten. Die Terminologie "leichte", "mittlere" und "schwere" Flak wurde zwar umgangsprachlich auch in der NVA verwendet, habe ich aber in keinen offiziellen Dokumenten wiedergefunden. In der sowjetischen Militärenzyklopädie wurde dagegen die Unterteilung in Flak kleiner Kaliber (20 bis 60 mm), Flak mittlerer Kaliber (bis 100 mm) und Flak großer Kaliber (>100 mm) verwendet. 

Darüber hinaus unterscheidet man nach dem Ladevorgang in automatische Flak (z.B. 37 mm Flak 61-K, 57 mm Flak S-60, 23 mm Flak ZU-23-2) und halbautomatische Flak (85 mm Flak KS-12, 100 mm Flak KS-19).

Um die Zielkoordinaten, Zielentfernung und Geschwinsigkeit genau zu bestimmen und auf deren Grundlage die Richtwerte für die Geschütze zu ermitteln. wurden seit dem ersten Weltkrieg eine Reihe von Zusatzgeräten entwickelt. Bereits im ersten Weltkrieg wurden stereoskopische Entwfernungsmesser genutzt, zwischen den beiden Kriegen Kommandogeräte zum Ermitteln der Schießwerte entwickelt, die im zweiten Weltkrieg mit den ersten für die Zielortung und Begleitung entwickelten Funkmeßgeräten (im russischen als Geschützrichtstation bezeichnet) gekoppelt wurden. Die Kombination von Geschützrichtstation, Kommandogerät (mit oder ohne opt. E-Messer) zur Steuerung der Flak bezeichnet man als Flak-Komplex.

Wesentliche Elemente eines Flak-Komplexes


Quelle: Sowjetische Militärenzyklopädie 

Das Schema stellt das grundlegende Zusammenwirken der Elemente eines Flakkomplexes dar. Durch die Zielortungsstation (Aufklärungsstation) wird die Lage des Zieles aufgeklärt und der Geschützrichtstation (2) und/oder dem optischen E-Messer die Zielzuweisung gegeben. In der NVA erfolgte das durch Übermittlung von Seitenwinkel und Entfernung per Funk oder Feldtelefon. GRS (2) und EMG (3) erfassen und begleiten das Ziel. Dabei ermitteln sie laufend die Zielkoordinaten und übertragen diese an das Kommandogerät (4) Die errechneten Vorhalte (und ggf. Zündereinstellwerte) werden über den zentralen Verteilerkasten (6) und den Geschützverteilerkasten (7) zu den Seiten und Höhenwinkelempfängern (8, 10) mit den Richtantrieben (9,11) übertragen. Die Folgeantriebe, die mit einer Rückkopplung nach der Lage arbeiten, richten das Geschütz auf den Vorhaltepunkt. Vom Geschützverteilerkasten (7) erfolgt auch die Übertragung der Zündereinstellwerte zur Zünderstellmaschine mit Empfänger (12, 13) Außerdem erfolgt über den zentralen Verteilerkasten auch die Stromversorgung (5) der einzelnen Geschütze. GRS und KdoG benötigen idR eigene SV Aggregate.

Bei den ersten Flak-Komplexen war nur ein halbautomatisches Richten des Geschützes möglich.. D.h. die Richtwinkel wurden auf Anzeigegeräte an der Flak übertragen und die Kanoniere mussten nach den einlaufenden Werten das Geschütz richten. Bei späteren Flak-Komplexen wurden die einlaufenden Werte direkt durch die Richtantriebe verarbeitet und das Geschütz automatisch gerichtet. Im Weiteren e rfolgte eine immer stärkere Integration der einzelnen Geräte. Die RPK-1 vereinte Feuerleitrechner, Aggregat und Funkmeßgerät in einem Fahrzeug (im russischen als Funkmeßfeuerleitgerät bezeichnet).  Bei der ZSU 23-4 "Schilka" waren all diese Komponenten gemeinsam mit den vier 23 mm Kanonen zusammen auf einer Fla-SFL untergebracht.

Eine weitere wesentliche Entwicklungstendenz bildete die Erhöhung der Beweglichkeit der Flak-Bewaffnung. Um die Panzerregimenter wirksam gegen Luftangriffe decken zu können, wurde die 57 mm Fla-SFL eingeführt. Deren großes Manko war jedoch, dass keine automatisierte Waffenleitung erfolgen konnte. Dieses Manko wurde bei der Fla-SFL 23-4 ausgeglichen. 



Flak und Fla-MG der KVP  

FlaMG DSchaK  auf einem T-55 [MTH-TLA]

  In den S-5 Einheiten und den den später aufgestellten Flak-Einheiten und Truppenteilen der NVA dominierte zunächst die sogenannte Ersatzbewaffnung, i.d.R. sowjetische Flakgeschütze und Fla-MG aus dem 2. Weltkrieg, bzw. den ersten Nachkriegsjahren. Dabei handelte es sich zunächst um die  
  • 12,7-mm Fla-MG DSchKM von 1946
  • 37-mm Flak Modell 1939, (61-K)
  • 85-mm Flak Modell 1939, (KS-12)
  Das 12,7 mm Fla-MG wurde als Ersatzbewaffnung für die 14,5 mm Fla-MG ZPU-4, die für die Fla MG Batterien in den MSR/PR und die ZPU-2 eingeführt. allerdings kam bei der KVP dieses MG nur auf einfach -Lafette zum Einsatz. In der CSR wurde auch eine vierfach-Lafette dieser Waffe produziert und in viele Länder der 3. Welt exportiert. In der KVP und der NVA kam das Fla MG auf einfach-Lafette auf LKW Granit zum Einsatz. Nach der Ablösung bei der TLA blieb das 12,7 mm Fla-MG noch lange Zeit als Fla-MG bei den mittleren Panzern im Einsatz und bis 1990 als Bewaffnung von Fla-MG Zügen der Kampfgruppen.
37mm Flak 61K
[MTH-TLA]
 
Bei der 37 mm Flak 61K handelte es sich um eine automatische Flak, die zwar batterieweise aber ohne Kommandogerät eingesetzt wurde. Daher war mit diesem Geschütz nur das Schießen nach optischen Visier möglich. Zur Bestimmung der Zielentfernung diente der optische E-Messer SDN-1 (1m-Basis). Seitenwinkel und Höhenwinkel wurden mit dem Flakvernrohr bestimmt. Dieses Flakgeschütz wurde als Ersatzbeaffnung für die 57 mm Flak S-60 und die Fla-SFL 57-2 geführt. Daher war es sowohl in den beiden Flak-Regimentern des MB (mittlere Flak-Batterien), den Flak-Regimentern der Divisionen, als auch in den Flak-Batterien der Panzerdivisionen vertreten.

85mm Flak KS-12
[MTH-TLA]
  Die 85 mm Flak KS-12 war eine halbautomatische Flak, zu deren Feuerleitung zunächst noch das in den 50-er Jahren schon veraltete Kommandogerät PUAZO-3 verwendet wurde. Dieses Kommandogerät entsprach zwar technisch noch dem Vorkriegsstand, konnte aber bereits mit dem Funmeß-Feuerleitgerät GRS-4 (Geschützrichtstation - 4, sowj. Bezeichnung SON-4) gekoppelt werden,. Somit stellte die 85 mm Flak-Batterie bereits einen Flak-Komplex dar. Ergänzend zur GRS wurde aber noch der optische E-Messer DJA verwendet. Mit diesem Kommandogerät konnten aus Seitenwinkelm, Höhenwinkel und Auswanderungsgeschwindigkeit an die 85 mm die Zielentfernung bestimmt werden. Bis 1958 wurden alten Kommandogeräte durch das Kommandogerät KdoG 6-12 (PUAZO 6-12) abgelöst. Die GRS-4 wurden schrittweise durch die GRS-9 abgelöst. 

Flak und Fla-MG ab 1956  


14,5 mm FlaMG ZPU-4  [MTH-TLA]

Diese Bewaffnung wurde nach Aufstellung der NVA 1956 schrittweise bis 1960 nach dem 2. Weltkrieg in der UdSSR entwickelte Technik abgelöst. 

  • die 14,5-mm Fla-MG ZPU-2 und 4,
  • den 57-mm Flak-Komplex S-60,
  • die 57-mm FlaSFL ZSU-57-2 und den
  • 100 mm Flak-Komplex KS-19 abgelöst.

Mitte der 50-er Jahre erfolgte die Ablösung des DeSchaK durch das 14,5 mm Fla-MG ZPU-2 und das 14,5 mm Fla MG ZPU-4. Diese Fla-MG basierten auf dem 14,5 mm MG KPW, dass zunächst für die 14,5 mm Patrone der sowjetischen Panzerbüchse PTRD konstruiert wurde. Zunächst sollte es schweres Kompanie MG (Einzellafette) und als Fla-MG auf den schweren Panzer IS-3 eingesetzt werden, erhielt dann als Fla-Waffe und als als Turmbewaffnung verschiedener SPW umfangreiche Verbreitung. Aufgrund der größeren Patrone und den zwei bzw. vier Läufen erhöhte sic die Feuerkraft der Fla-MG Batterien in den MSR ganz erheblich. Nachteilig war, dass das Vierlings Fla-MG im Mannschaftszug schwer bewegbar war.

 


57 mm FlaK S-60
[MTH-Flak]


57 mm FlaSfl ZSU 57-2
[MTH-Flak]
  die 37 mm Flak in den FR der MSD/PD und im MB wurden durch den 57 mm Flak-Komplex S-60 abgelöst. Dazu gehörte neben den 6 Flak-Geschützen einer Batterie, zunächst das Kommandogerät 5 (PUAZO-5), mit integriertem optischen E-Messer und das Funkmeß-Feuerleitgerät GRS-9/9a (Geschützrichtstation - 9, sowj. Bezeichnung SON-9a). Damit war ein automatisches Richten der Geschütze nach Werten der GRS oder des Optischen E-Messers möglich, wodurch sich die Trefferwahrscheinlichkeit deutlich erhöhte. Bereits in den 50-er Jahren wurde das KdoG. 5 durch das KdoG. 6-60 (PUAZO 6-60 abgelöst. Dabei handelte es sich um ein KdoG., dass in verschiedenen Anpassungen für verschiedene Flak-Geschütztypen verwendbar war. (Bspw. KdoG. 6-12 für Flak 85 mm Flak KS-12, KdoG 6-18 für 85 mm Flak KS-18, KdoG 6-19 für 100 mm Flak KS-19).
  Die Panzerregimenter erhielten Fla-SFL Batterien, die mit der 57 mm Fla-SFL ZSU 57-2 ausgerüstet waren. Außerdem wurde je eine Flak-Batterie in den FR (Später FA) der MSD/PD mit diesem System ausgerüstet. Damit konnte sichergestellt werden, dass die Panzerregimenter auch in der Phase des Angriffs und auf dem Marsch durchgängig gedeckt werden konnten. Nachteil des Systems war, dass es ausschließlich im direkten Richten eingesetzt werden konnte. 

100mm Flak KS-19
[MTH-Flak]
  Außerdem begann ab 1957 die Zuführung der 100 mm Flak KS-19 mit GRS-9 und dem Kommandogerät KdoG 6-19. Um in den beiden Flak-Regimentern der MB die schweren Flak-Batterien mit jeweils einheitlicher Technik auszurüsten, erghielt zwischenzeitlich das FR-5 alle 85 mm Flak wogegen die schweren Flakbatterien des FR-3 bereits 1958 komplett mit KS-19 ausgerüstet waren. Ab 1960 waren die schweren Flak-Batterien in beiden MB durchgängig mit der 100 mm Flak KS-19 ausgerüstet. Dieses Flakgeschütz blieb im Bestand beider FR bis zur Umgliederung ab Mitte der 70-er Jahre zu Fla-Raketenregimentern.  

Flak ab 1960

23 mm Flak ZU-23-2
[MTH-TLA]
 

 

In den 60-er Jahren erfolgte vor allem bei der schweren und mittleren Flak die Modernisierung der Feuerleitmittel (neue Kommandogeräte, Einführung der RPK-1), wogegen die Feuermittel bis zur Ablösung durch die Fla-Raketenkomplexe 2K11 und  2K12 beibehalten wurden.

Zur Bekämpfung tieffliegender Ziele wurde unabhängig der Einführung von FRK kleiner Reichweite (9K31, 9K32, 9K35) weiter auf Rohrwaffen gesetzt. So erfolgte Anfang der 60-er Jahre die Einführung der

  • 23mm Zwillingsflak ZU-23-2  und ab Ende der 60-er Jahre
  • der 23mm Fla SFL ZSU-23-4 "Schilka".
FMFLG RPK-1
[Draheim/Stärz]

  In den 60 und 70-er Jahren blieb die Flak S-60 die Hauptbewaffnung der Flakregimenter. Allerdings erhielten die Flak-Regimenter des MB-III Mitte der 60-er ein neues Kommandogerät, das E-2BD aus Ungarn. Damit wurden die verschlissenen KdoG 6-60 ersetzt, deren Produktion durch die UdSSR eingestellt wurde. Im Zuge einer Typenbereingung erhielt der MB-V dagegen alle verfügbaren KsoG 6-60. Anfang der 70-er Jahre wurden sowohl im MB-III als auch im MB V die GRS 9/9a und die Kdo-Geräte in den mittleren Flak-Batterien durch das Funkmeß-Feuerleitgerät RPK-1 abgelöst. Dieses Funkmeßfeuerleitgerät auf Basis des Ural 375 kombinierte die Zielbegleitstation, den Rechner und die Stromversorgung. Dadurch konnte die Effektivität dieses Flak-Komplexes noch einmal gesteigert werden, bevor die Flakregimenter zu FRR umstrukturiert wurden.


23 mm Fla- SFL  ZSU-23-4
[MTH-TLA]
  Anfang der 60-er Jahre erfolgte zunächst der schrittweise Ersatz der 14,5 mm Fla MG durch die 23 mm Zwillingsflak Zu-23-2, ein sehr flexibel einsetzbares leichtes Geschütz, dass auch im Mannschaftszug gut zu bewegen war. Aus den Fla-MG Batterien in den MSR wurden nun Flak-Batterien. Allerdings bildete diese Flak dort nur eine Zwischenlösung.
Die 23 mm Zwillingsflak ZU-23-2 wurde zwar in den Flak-Batterien der MSR bald durch die Fla-SFL 23-4 "Schilka" abgelöst, blieb aber in den verschiedensten Fla-Zügen zur Deckung unterschiedlicher Struktureinheiten bis 1990 im Bestand. Auch auf die "Schilka" konnte bis 1990 nicht verzichtet werden. Mit der Bildung von Fla-Raketen-Artillerie batterien, wurden die ehemaigen Fla-SFL Batterien durch einen Zug 9K31 bzw. 9K35 ergänzt.
    

Fla-Rohrwaffen der TLA im Überblick
 
 System  Kaliber (mm) Truppen-
einführung
 NVA  
 Fla-MG  DSchKM 12,7  1946 1956 - 1990 
 Zwillings-Flak  ZPU-2 2 x 14,5  1945 1956 - 1959 
 Vierlings-Flak  ZPU-4 4 x 14,5  1947 1957 - 1979 
 Zwillings-Flak  ZU-23-2 2 x 23      1960 1964 - 1990 
 Fla-SFL  ZSU-23-4 "Schilka" 4 x 23     1965 1968 - 1990  
 Flak  M 1939 37     1939 1956 - 1961 
 Flak  S-60 57     1950 1957 - 1990 
 Fla-SFL  ZSU-57-2 2 x 57      1955 1957 - 1974 
 Flak  M 1939 KS-12 85      1939 1956 - 1961 
 Flak  KS-19 100     1949 1957 - 1979 

Tabelle: A. Zerbst, Quellen: [MTH-TLA] [Kopenhagen]


V.: 2.1   © Andreas Zerbst   2000-2002
update 2015 Ralf Wagner